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Ständemehr wird nicht aufgeweicht – Grüne scheitern mit Vorstoss

Ständemehr wird nicht aufgeweicht – Grüne scheitern mit Vorstoss

02.06.2022, 13:3902.06.2022, 13:41
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Der Nationalrat hat am Donnerstag eine Aufweichung des Ständemehrs abgelehnt. Braucht es bei einer eidgenössischen Abstimmung sowohl das Volks- als auch das Ständemehr für eine Annahme, bleibt alles beim Alten.

In diesem Sinne hat die grosse Kammer einer parlamentarischen Initiative von Balthasar Glättli (Grüne/ZH) mit 105 zu 77 Stimmen bei 4 Enthaltungen keine Folge gegeben. Das Geschäft ist damit erledigt.

Glättli verlangte angesichts der demografischen Entwicklung die Einführung eines qualifizierten Ständemehrs bei Doppelmehr-Abstimmungen. Neu hätte es demnach 15,5 respektive zwei Drittel der Kantone gebraucht, um ein Volksmehr zu Fall zu bringen. Heute sind es die Hälfte plus einer.

Glättli rechnete vor, 1848 habe eine Neinstimme aus Appenzell Innerrhoden bei einem Doppelmehrreferendum das Elffache einer Zürcher Neinstimme gewogen, heute hingegen das 44-fache. Es gehe ihm um eine Anpassung und Modernisierung, nicht um eine Abschaffung des Ständemehrs, betonte der Präsident der Grünen Schweiz.

«Seltsamer Veto-Gürtel»

Der «seltsame Veto-Gürtel» von lediglich neun Prozent der Stimmbevölkerung der ländlichen Deutschschweiz sei der aktuellen Situation nicht mehr angemessen. Gerade die Kantone der lateinischen Schweiz würden oft Opfer dieses Systems, beklagte Delphine Klopfenstein (Grüne/GE).

Namens der Mehrheit der vorberatenden Kommission sprach sich deren Sprecher Kurt Fluri (FDP/SO) gegen eine Schwächung des Ständemehrs aus. Die aktuelle Regelung schütze die kleinen Kantone vor dem Übergewicht der bevölkerungsstarken Kantone. Der Grundsatz «eine Person eine Stimme» werde dadurch nicht verletzt und sei mit dem Volksmehr immer noch garantiert. Im übrigen sei es seit der Einführung des Ständemehrs im Jahr 1848 erst zehnmal vorgekommen, dass eine Ständemehr ein Volksmehr gekippt habe.

Es gehöre zum System, dass Minderheiten ein grösseres Gewicht haben, als ihnen mathematisch zukomme, schrieb die Kommissionsmehrheit in ihrer ablehnenden Antwort auf die Initiative. (sda)

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7 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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noznoz
02.06.2022 19:20registriert Dezember 2014
Ich glaube manchmal wird einfach vergessen, dass die Schweizerische Eidgenossenschaft eben nicht ein Zentral-/Einheitsstaat (wie bsp. Frankreich) sondern ein föderalistischer Bundestaat ist.
Grundsätzlich ist die Schweiz nicht ein Zusammenschluss ihrer Einwohner zu einem Staat sondern ein Zusammenschluss suveräner und grundsätzlich gleichberechtigter Stände/Kantone.
Wenn für das Ständemehr neu 1/3 (7.66, also 8 Kantone) gereicht hätten, könnten ZH,BE,VD,AG,SG,GE,LU,TI (ca. 63% der Bevölkerung) mit dem Rest der Kantone machen was sie wollten.
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